Der Mann für den guten Ton!
Da sitzt der Martin bei jedem Konzert fast unscheinbar im Hintergrund und sorgt für den guten Ton.
Hintergrund ist unser Stichwort, denn das wollten wir mal ändern!
So haben wir uns mit Martin zum gemütlichen Pizzaessen verabredet und seinen Erzählungen gelauscht.
Hier stellen wir ihn nun für euch ganz exklusiv in den Vordergrund. :-)
Als Martin sich auf den Stuhl fallen ließ, um die Pizzakarte zu studieren, erzählte er nebenbei stolz, dass er gemeinsam mit seiner Tochter innerhalb kürzester Zeit 2 Schränke eines schwedischen Einrichtungshauses „verdübelt und verdröselt“ habe und das so gekonnt und geschickt, dass sie sogar noch rechtzeitig zum Interviewtermin fertig waren. Beeindruckt fragten wir nach, woher dieses Geschick zum Aufbauen dieser doch komplizierten schwedischen Möbel käme.
Martin: Ich habe nach der Schule in Brandenburg eine Ausbildung zum Zimmermann gemacht.
In dem Zusammenhang verriet er uns, dass er eigentlich Gitarrenbauer werden wollte, für diese Ausbildung hatte er sich aber zu spät entschieden und beworben. Und auch wenn sein Interesse mehr in Richtung Musik ging - er hatte auch während der Schulzeit immer schon Bands und schrieb Musik - so machte er sich dann doch auf, die Zimmerei zu erlernen.
Martin: Wir waren im Internat, wo wir im ersten Jahr Unterricht in einer Lehrwerkstatt und gleichzeitig Blockunterricht in der Schule hatten, , d.h. 14 Tage Werkstatt, 14 Tage Schule; das war immer total geraffter Unterricht, also ein Jahr lang „Vollgas“ und dann nachher nur noch Ausbildung in der Praxis.
Während der Ausbildung gab es viele staatlich geförderte regionale und überregionale Kulturprogramme, an denen er sich als Repräsentant der Firma beteiligt hat. Mit Ende der Lehre war das vorbei. Nach der Ausbildung kündigte Martin den Job als Zimmermann und tat sich mit einem befreundeten Musiker zusammen um freiberuflich als Musiker zu arbeiten. U. a. haben sie mit anderen Schulfreunden aus Hennigsdorf eine Band mit dem Namen „Kraatz“ aufgebaut, die heute immer noch unter dem Namen „Marauder“ durch die Lande rockt. „Wir sind zusammen durch die Gegend getingelt und haben damit ganz gutes Geld verdient“. Auch während der Ausbildung in Brandenburg hatte er weiter Musik gemacht und Lieder geschrieben einige davon sind auch heute noch in der Ecke um Berlin- Brandenburg bekannt oder in die regionale Rockgeschichte eingeflossen.
Martin: Ab und zu, wenn ich in der Gegend um Brandenburg unterwegs bin und irgendwelche Wandertitanen durch die Gegend ziehen, hör ich dann eins von meinen Liedern, die ich irgendwann mal geschrieben habe, und die mittlerweile schon Volksmund geworden sind, z.B. „Bitte sei fröhlich und lustig.“
Später hat er noch mit seinen Freunden zusammen eine zweite Ausbildung gemacht: Meliorationsfacharbeiter, ein Ausbildungsberuf, den es „im Westen“ gar nicht gab und gibt. Vergleichbar vielleicht mit Garten- und Landschaftsbau. Da sie alle Musiker waren haben sie tagsüber diese Ausbildung und danach zusammen Musik gemacht.
Martin: In der DDR waren Musiker auch ganz anders abgesichert: Es ging nicht danach, wie populär man war, sondern was man leistete und wie gut man spielte. Es gab eine Kommission, die das eingeschätzt hat, und danach konnte man entsprechende Gagen verlangen. Die Clubs waren alle staatlich gefördert und wenn die ihre Mittel nicht verbraten haben, bekamen sie für das nächste Quartal weniger Geld. Also haben sie versucht, so viele Bands wie möglich spielen zu lassen, was den Musikern wiederum das Einkommen verschaffte. Es war schon ein eigenartiges Konstrukt, das zumindest für mich Mitte 1989 endete, als mich auf den Weg in Richtung NRW machte.
Wie kamst du auf Duisburg als deine neue Wahlheimat?
Martin: Damals war ja alles in Bewegung. Es war eine total verrückte Zeit, in der selbst die Erdanziehungskraft aufgehoben zu sein schien. Ich war schon immer recht abenteuerlustig und habe mich auf den Weg in eine ungewisse Zukunft gemacht. Die Entscheidung ist total aus dem Bauch heraus gefallen. Es war so, dass wir eine Landkarte hatten, auf der wir wahllos mit dem Finger rumgebohrt haben und so haben wir Duisburg erwischt. Es war nicht die schlechteste Wahl und für jemanden, der so einen Systemwechsel hatte, war der Kulturschock nicht so groß Ich habe dann hier lange Jahre als Zimmermann gearbeitet, um überhaupt erst mal 'ne Lebensgrundlage zu schaffen. Aber Musik habe ich ab der ersten Minute als Gitarrist in diversen Bands weiter gemacht. Eine davon war „Tennessee Rose“ die damals einen Duisburger Rockwettbewerb gewannen und auf dem davon veröffentlichten Sampler verewigt wurden. (Hörprobe "Ain't no fool" von Tennessee Rose") Eine andere so um 1995 war "Last Ryde"Auf diese Weise lernte ich viele neue Leute kenn und die Duisburger zu schätzen. Alles in allem eine gute Grundlage für viele schon seit langem währende Freundschaften.
Martin mit Thomas, 1990
Martin mit Last Ryde, 1995
Bei Warner Bros. Movie World hat BASTA zu der Zeit (2000) 5 x am Tag an verschiedenen Orten in dem Park gesungen. Jedes Mal musste die Technik auf- und abgebaut werden. Dieser Job dauerte 6 Wochen, danach trennte man sich.
Martin: Das war 'ne ganz witzige Situation. Ich war als Bassgitarrist bei einer Band namens „Street Survivors“ mit einer eigenen tollen CD auf Tournee und wir spielten uns als Vorband von „Molly Hatchet“, „Great White“ oder „Wishborn Ash“ die Finger wund. Leider löste sich die Band dann irgendwann in Luft auf und meine Verträge liefen aus. Ab dann arbeitete ich an eigenen Projekten z.B. wieder als Gitarrist mit Kontrabassisten, Pianisten und verschiedene experimentellen Besetzungen zusammen. Ich wollte damals eigene Konzepte umsetzen, um neue Erfahrungen zu machen. Nebenbei habe ich auch noch einige Jobs in ganz anderen Richtungen gemacht, um Geld zu verdienen oder neue Herausforderungen zu finden. Eine davon war es, für einen befreundeten Keyboarder der u.a. als Tontechniker unterwegs war, bei Bedarf einzuspringen. Der fragte mich eines Tages, ob ich für ihn die Urlaubsvertretung machen könnte, „5 Sänger mit Mikrofonen, fertig“, und so lernte ich BASTA kennen.
Bei Warner Bros. Movie World hat BASTA zu der Zeit (2000) 5 x am Tag an verschiedenen Orten in dem Park gesungen. Jedes Mal musste die Technik auf- und abgebaut werden. Dieser Job dauerte 6 Wochen, danach trennte man sich.
Martin: Einige Monate später meldete sich Sascha bei mir telefonisch. Er war völlig außer sich und sagte, du musst unbedingt schnell herkommen, hier läuft alles drunter und drüber. Damals hatten Basta grade ihre ersten eigenen Konzerte in einigen kleinen Kneipen in Köln. Die Technik war bescheiden. Wir bastelten die Beschallung praktisch aus diversen Schrottanlagen zusammen. Das war spannend und die Stimmung war toll.
Danach haben wir immer wieder mal zusammen gearbeitet.
Ich hatte währenddessen mein berufliches Engagement u.a. mit Gitarrenunterricht weiter ausgebaut. Aus den ein bis zwei Konzerten im Monat mit Basta wurden schnell zehn bis zwanzig. Mein Spagat zwischen den unterschiedlichen Beschäftigungen wurde immer größer. Basta hatte sich quasi schleichend in mein Leben integriert. Ich wusste aus eigener Erfahrung, dass eine Band, die gut klingen will, einen Techniker mit musikalischem Gehör braucht, der alle Konzerte mitspielt und außerdem absolut zuverlässig ist. Als es dann immer mehr Konzerte mit Basta wurden, musste ich mich entscheiden. Wie ihr seht habe ich mich für Basta entschieden
Hast du es bereut?
Martin: Sagen wir mal so, dieser Job ist natürlich für einen Musiker die denkbar schlechteste Variante. Man ist immer mit der Band als Techniker unterwegs, gerade zu den Zeiten, zu denen man sonst selber Musik machen würde. Als normaler Bürohengst z.B. kannst du am Wochenende Musik machen. Diese Möglichkeit habe ich mir aber total weggekürzt und dem trauere ich schon sehr nach. Dass ich selber so überhaupt nicht mehr als Musiker auf der Bühne stehen kann ist hart. Aber man kann eben nicht alles haben. Privat spiele, schreibe und komponiere ich natürlich immer noch. Aber momentan haben nur meine Freunde etwas davon! (Anm. der Red.: und jetzt auch ihr: Hörprobe von "Super bleifrei")
Du bist sehr sportlich und gut aussehend... Wie viel Arbeit formte diesen schönen Körper? ;-)
Martin: Erstmal danke für die Blumen. Im Ernst: Anfänglich war das - auch für die Band - ein großes Problem, weil das Publikum immer in die falsche Richtung, nämlich nach hinten, starrte und sich die Aufmerksamkeit auf den Mischpultplatz konzentrierte. Das habe ich dann geschickt durch eine gezielte Lichtshow und das Abdunkeln des Saales in den Griff bekommen. *schüttelt lachend den Kopf*
Naja, sagen wir mal so: Die Jahre als Zimmermann sind natürlich nicht zu leugnen. Und jetzt bei Basta kompensiere ich das viele Sitzen und unregelmäßige Essen mit viel Joggen und Fitness Center.
Wärest du gerne noch mal wieder Zimmermann?
Martin: Ja, kurzzeitig gerne. Ich habe da z.B. des Öfteren Angebote von Zimmereien oder aus dem Freundeskreis, etwa eine Wendeltreppe oder einen Dachstuhl zu bauen. Das sind echte Herausforderungen. Aus einem rohen Baumstamm eine gute Wendeltreppe zu erschaffen, ist eine Kunst für sich. Aber meine Zeit ist dafür meist zu knapp. Es besteht die Gefahr, dass man am Ende nicht fertig wird. Dann hört der Spaß ganz schnell wieder auf.
Ein Anruf auf Martins Handy gibt uns ein neues Stichwort: Jemand vom nächsten Veranstalter mit Fragen zur Technik. Auf der Basta-Homepage gibt es eine Bühnenanweisung aber Martin erzählt uns, dass im Prinzip die ganzen technischen Detailfragen rund um das Konzert mit ihm abgeklärt werden, was ca. 1/3 seiner Arbeit ausmacht.
Was war so soundtechnisch das beste Konzert, was du mit Basta jemals gemacht hast?
Martin: Also, das könnte ich jetzt ehrlich gesagt so gar nicht sagen. Denn es sind ja sehr viele Konzerte soundtechnisch sehr gut. Sound ist ne schwierige Sache, jeder Raum ist anders und es gibt nie den Optimalfall und deswegen werde ich auch nie wirklich 100 %ig zufrieden sein. ;-)
Ist Tontechniker bei Basta zu sein ein undankbarer Job?
Martin: Nicht wirklich! Jedoch hat ein jedes Ding auch seine Schattenseiten. Der Sound einer Show ist so wichtig wie die Luft zum atmen. Aber erst wenn etwas nicht stimmt nimmt man es überhaupt wahr. Deshalb sind es, wenn überhaupt, negative Rückmeldungen, die ihren Weg zu mir finden. Das ist jedoch ein Umstand, den jeder Tontechniker auf diesem Planeten mit mir gemein hat. Zum Glück ist das aber eher selten der Fall. Keine Kritik bedeutet somit in diesem Kontext das größte Lob. Wenn man das weiß, kann man seinen emotionalen Gewinn daraus ziehen. Das ist wichtig um den Erfolg der Show genießen zu können, auch wenn man hinter den Kulissen agiert.
Und die Reiserei, wie verpackst du die?
Martin: Ich hasse mittlerweile diese langen Busfahrten, denn 600 km in dieser Zwangshaltung ist für mich als sehr sportlicher Mensch - natürlich echter Horror. Ich bin ja nun auch nicht gerade der Kleinste und muss mich dementsprechend zusammenfalten. (*Anm. der Red.: Martin ist 1,96 m) Also, wenn mal irgendwann das Beamen à la Scotty erfunden ist, werde ich der erste sein, der es nutzt! ;-)
Wie lenkst du dich ab im Bus?
Martin: Telefonlisten abarbeiten, Netzwerkspiele mit den anderen Bastas, Lesen oder Schlafen. Ich schlafe sehr gut im Auto. Das verkürzt die Fahrzeit enorm. Oder ich mixe am Notebook Mp3-Samples zusammen und lasse so die eine oder andere Pausenmusik entstehen.
Ganz zum Schluß haben wir aber für euch noch ein besonderes Schmankerl aus Martin rausgekitzelt. Er hat im Laufe der Zeit auch wunderschöne Stücke für Konzertgitarre komponiert und eingespielt, teilweise mit mehreren Spuren, er spielt also quasi dort mit sich selber im Duett. :-) Zwei von diesen Stücken stellt er uns hier als Hörproben zur Verfügung. Zurücklehnen und genießen - leider nur je ca.eine Minute!
Er hat so interessant erzählt, dass wir am liebsten noch eine Pizza bestellt hätten, damit er noch lange weitererzählt. ;-)
Danke Martin!
Chica & DancingQueen